Der Krankenhauskorridor summte leise vor sich hin. James lehnte an der Wand in der Nähe des Wartezimmers, das Telefon an sein Ohr gepresst. “Ich rufe Sie zurück”, murmelte er, abgelenkt von der Krankenschwester, die ihm ein Zeichen gab. “Susy ruht sich aus”, sagte sie. “Ihre Tochter ist drinnen. Anna holt sie gerade ab.”

Wenige Augenblicke später betrat er den Kreißsaal und wurde vom Anblick Annas begrüßt, die auf einem Hocker neben dem Kinderbettchen stand. Sie drehte sich zu ihm um, ihr kleines Gesicht war verwirrt. “Daddy”, sagte sie mit zittriger Stimme, “das ist nicht meine Schwester” James erstarrte, sein Herz setzte einen Schlag aus.

Er lachte nervös und trat näher an das Bettchen heran. Das Baby war blass, sein Haar hatte einen leuchtenden Kupferton. Er blinzelte und versuchte, das Bild mit dem Kind in Einklang zu bringen, das er sich vorgestellt hatte. Etwas nagte an ihm – ein Flüstern des Zweifels, das er schnell beiseite schob. Es hatte nichts zu bedeuten. Oder doch?

Advertisement

James hatte immer von einer großen, glücklichen Familie geträumt. Als Susy mit Anna, ihrem ersten Kind, schwanger wurde, schien das der Beginn eines perfekten Lebens zu sein. Doch die Realität war weniger idyllisch. Schlaflose Nächte, finanzieller Stress und unerfüllte Erwartungen hatten ihre Ehe belastet.

Advertisement
Advertisement

Nach Annas Geburt wurden Streitereien zur Routine. Susy kämpfte mit den Anforderungen der Mutterschaft, und James fühlte sich hilflos, die wachsende Kluft zwischen ihnen zu überbrücken. Ihre einst liebevolle Beziehung verwandelte sich in eine Reihe von angespanntem Schweigen und hitzigen Worten. “Das ist nicht das, wofür ich unterschrieben habe”, hatte Susy einmal mit Tränen in den Augen gesagt.

Advertisement

James hatte das Gefühl, dass er versagte – nicht nur als Ehemann, sondern auch als Vater. Doch jedes Mal, wenn er Anna im Arm hielt und ihre winzigen Hände seine Finger umklammerten, fühlte er ein neues Gefühl der Zielstrebigkeit. “Wir kriegen das schon hin”, sagte er sich, obwohl er sich nicht immer sicher war, wie.

Advertisement
Advertisement

Mit der Zeit begannen die Dinge zu heilen. Sie fanden kleine Wege, um wieder zueinander zu finden – ruhige Abendessen, gemeinsames Lachen über Annas Streiche und gestohlene Momente, in denen das Leben nicht so überwältigend war. Als Susy verkündete, dass sie wieder schwanger war, spürte James eine Hoffnung aufblühen, wie er sie seit Jahren nicht mehr erlebt hatte.

Advertisement

“Das ist unser Neuanfang”, hatte Susy eines Abends gesagt, während ihre Hand auf ihrem wachsenden Bauch ruhte. James lächelte und drückte sie an sich. “Eine zweite Chance”, stimmte er zu. Er stürzte sich in die Vorbereitungen für das Baby und war entschlossen, diesmal alles richtig zu machen – für Susy, für Anna, für ihre Familie.

Advertisement
Advertisement

Anna freute sich darauf, eine große Schwester zu werden. Sie verbrachte Stunden damit, gemeinsames Spielzeug auszusuchen und mit James über Namen zu diskutieren. “Was ist, wenn sie mir ähnlich sieht?” Fragte Anna eines Abends mit leuchtenden Augen. “Dann haben wir zwei Annas”, stichelte James und brachte sie zum Kichern.

Advertisement

Susy lächelte öfter, ihr Gesicht leuchtete vor Aufregung. Sie verbrachten die Wochenenden damit, das Kinderzimmer zu dekorieren, kleine Kleidungsstücke zu falten und sich die Zukunft vorzustellen. Zum ersten Mal seit Jahren hatte James das Gefühl, dass sie sich in dieselbe Richtung bewegten. “Wir werden es schaffen”, dachte er.

Advertisement
Advertisement

Der Tag der Entbindung war eine Mischung aus Nervosität und Aufregung. James hielt Susys Hand, als sie das Krankenhaus betraten, und Anna hüpfte neben ihnen her. “Kommt das Baby jetzt?” Fragte Anna ungeduldig. James gluckste. “Bald, Schätzchen. Nur noch ein bisschen länger.”

Advertisement

Die Entbindung war länger und schwieriger als erwartet. James beobachtete ängstlich, wie die Krankenschwestern mit angespannten Gesichtern umher eilten. Als das Baby endlich da war, war Susy blass und schwach und konnte kaum die Augen offen halten. “Sie braucht Ruhe”, versicherte ihm die Krankenschwester. “Dem Baby geht es gut.”

Advertisement
Advertisement

Im Kreißsaal roch es streng und steril, und das leise Piepen der Monitore war das einzige Geräusch, das die Stille durchbrach. Anna zögerte an der Schwelle und umklammerte das ausgestopfte Kaninchen, das sie als Geschenk für ihre kleine Schwester mitgebracht hatte. Die Krankenschwester lächelte freundlich und beugte sich auf ihre Höhe hinunter.

Advertisement

“Deine Mama ruht sich aus”, sagte die Krankenschwester sanft mit warmer Stimme. “Aber deine kleine Schwester ist hier. Möchtest du sie zuerst kennen lernen?” Annas Augen leuchteten mit einer Mischung aus Aufregung und Nervosität auf. Sie nickte und drückte das Kaninchen fest an sich. “Ich möchte sie sehen”, sagte sie.

Advertisement
Advertisement

Die Krankenschwester streckte ihre Hand aus, und Anna legte ihre winzigen Finger in die größere, tröstende Handfläche. Als sie das Zimmer betraten, nahm die Stimme der Krankenschwester einen sanften, fast ehrfürchtigen Ton an. “Sie ist wunderschön, genau wie du. Sie hat darauf gewartet, ihre große Schwester kennenzulernen.”

Advertisement

Anna spähte um die Ecke, als sie eintraten. Ihre Mutter lag auf dem Krankenhausbett, ihr Gesicht war blass und ihre Augen waren geschlossen. Drähte und Schläuche umgaben sie, und Annas Schritte verlangsamten sich, als ein Flackern der Sorge über ihr Gesicht ging. “Geht es Mami gut?”, flüsterte sie.

Advertisement
Advertisement

“Sie ist nur sehr müde”, beruhigte sie die Krankenschwester, die sich neben sie kniete. “Sie hat sehr hart gearbeitet, um deine Schwester auf die Welt zu bringen. Sie wird bald wieder wach sein, das verspreche ich. In der Zwischenzeit ist deine Schwester genau hier. Willst du sie sehen?”

Advertisement

Anna schaute ihre Mutter noch einmal an, dann nickte sie entschlossen. Die Krankenschwester führte sie zum Kinderbett, einem makellosen weißen Kokon im Schein des Neonlichts. Der Anblick des winzigen, in rosa gehüllten Bündels ließ Anna innehalten und den Atem stocken.

Advertisement
Advertisement

“Sie ist wirklich klein”, murmelte Anna und starrte mit großen Augen auf das Baby. Sie drückte das Kaninchen fester an sich. “Wird sie noch größer werden?” Die Krankenschwester gluckste. “Oh ja, sie wird sehr schnell wachsen. Aber im Moment ist sie nur eine kleine Erdnuss.”

Advertisement

Anna trat näher und ihre Neugierde überwältigte ihr Zögern. Ein Hocker war vor das Bettchen gestellt worden, und die Krankenschwester gab ihr ein Zeichen, darauf zu steigen. “Von dort oben können Sie besser sehen”, sagte die Krankenschwester. Anna gehorchte, hob sich hoch und lehnte sich an den Rand des Kinderbettes.

Advertisement
Advertisement

Ihr Blick richtete sich zum ersten Mal auf das Baby. Das Gesicht des Babys war zart, seine winzigen Hände lugten aus der weichen Decke hervor. Aber irgendetwas stimmte nicht. Die Haare des Babys – weiche Büschel in leuchtendem Orange – hoben sich deutlich von den blassen Tönen ihrer Haut und der hellen Umgebung ab.

Advertisement

Anna blinzelte und legte den Kopf schief. “So habe ich sie mir nicht vorgestellt”, sagte sie laut, und ihre Stimme klang voller kindlicher Ehrlichkeit. Die Krankenschwester legte ihren Kopf neugierig schief. “Was meinst du, Süße? Sie ist doch deine kleine Schwester.”

Advertisement
Advertisement

Anna runzelte die Stirn und betrachtete das Baby mit einer Intensität, die nicht zu ihrem Alter passte. “Ihr Haar …”, sie brach ab und sah dann zu der Krankenschwester auf. “Sie sieht nicht aus wie ich, Papa oder Mama.” In ihrer Stimme lag nun ein Hauch von Unbehagen, den die Krankenschwester schnell zu vertreiben versuchte.

Advertisement

“Manchmal sehen Babys bei der Geburt ein wenig anders aus”, sagte die Krankenschwester sanft, ihr Tonfall war einstudiert. “Ihre Gesichtszüge verändern sich, während sie wachsen. Geben Sie ihr ein wenig Zeit, und ich bin sicher, Sie werden sehen, wie sehr sie Ihnen ähnlich sieht.”

Advertisement
Advertisement

Anna antwortete nicht. Sie starrte immer noch auf das Baby, die Stirn in Falten gelegt, als würde sie versuchen, ein Rätsel zu lösen, das zu groß für sie war. Die Krankenschwester schwieg einen Moment, dann lächelte sie aufmunternd. “Möchten Sie ihr Ihr Kaninchen geben?”, fragte sie.

Advertisement

Der Vorschlag schien Anna aus ihren Gedanken zu reißen. Sie schaute auf das Kaninchen hinunter und legte es dann vorsichtig in das Bettchen neben ihrer Schwester. “Das ist Floppy”, sagte sie sanft. “Du kannst ihn haben. Er ist nett.”

Advertisement
Advertisement

Das Baby rührte sich, seine winzige Hand zuckte, als würde es nach dem Kaninchen greifen. Anna beobachtete es schweigend, und ihre anfängliche Verwunderung wich einer gewissen Unsicherheit. Als sie schließlich aufblickte, waren ihre großen blauen Augen voller Verwirrung. “Das ist nicht meine Schwester”, flüsterte sie.

Advertisement

Bevor die Schwester antworten konnte, öffnete sich die Tür knarrend, und James trat ein. Er lächelte breit, als er sich ihr näherte, doch als er Annas Gesichtsausdruck sah, stockte es leicht. “Was ist denn los, mein Schatz?”, fragte er und kniete sich neben sie.

Advertisement
Advertisement

Anna sah ihn an, ihr Gesicht war ernst. “Daddy”, sagte sie mit zitternder Stimme. “Das ist nicht meine Schwester.” James blinzelte, dann stand er auf und blickte in das Kinderbettchen. Die blasse Haut des Babys und das helle rothaarige Haar machten ihn stutzig. Er legte den Kopf leicht schief, unsicher, was er davon halten sollte.

Advertisement

“Sie ist wunderschön”, sagte er nach einem Moment, aber sein Ton war vorsichtig. Er legte eine beruhigende Hand auf Annas Rücken. “Sei nicht dumm, Anna. Natürlich ist sie deine Schwester.” Aber das seltsame Gefühl in seiner Brust blieb, auch wenn er versuchte, es zu verdrängen.

Advertisement
Advertisement

Die Krankenschwester räusperte sich, ihre Professionalität kehrte zurück. “Neugeborene sehen anfangs oft ein wenig anders aus”, sagte sie und wiederholte ihre frühere Zusicherung. “Ihre Gesichtszüge werden sich in kürzester Zeit angleichen. Sie ist vollkommen gesund.”

Advertisement

James nickte, obwohl er nicht umhin konnte, einen Blick auf das Baby zu werfen, dessen kupferfarbenes Haar sich im Licht spiegelte. “Ja”, sagte er und zwang sich zu einem Lächeln. “Ja, natürlich. Sie ist perfekt.” Doch als er Anna vom Stuhl hob und sie an sich drückte, konnte er den leisen Zweifel nicht ignorieren, der sich in seinem Hinterkopf festsetzte.

Advertisement
Advertisement

Die ersten Tage zu Hause waren ein Wirbelwind von Aktivitäten. Die Schreie des Neugeborenen unterbrachen die ruhigen Stunden der Nacht und versetzten das Haus in einen ständigen Zustand der Müdigkeit. James und Susy arbeiteten wie ein Tag-Team und tauschten die Aufgaben aus – Füttern, Windeln wechseln, das Baby wieder in den Schlaf wiegen.

Advertisement

Die Routine ließ wenig Raum für Gespräche, geschweige denn für Überlegungen. Aber Annas leise Fragen hörten nie auf, ihre kleine Stimme durchdrang den Dunst der Erschöpfung. “Warum sieht sie nicht so aus wie ich?”, fragte sie eines Abends, als sie im Schneidersitz auf der Couch saß und ihr Plüschkaninchen auf dem Schoß hatte.

Advertisement
Advertisement

Ihr Ton war nicht anklagend, nur neugierig, aber er ließ James innehalten. “Sie ist deine Schwester, Schatz”, sagte James sanft, obwohl sich die Worte hohl anfühlten, als er sie aussprach. Er hockte sich neben sie und strich ihr eine verirrte Locke aus dem Gesicht.

Advertisement

“Manchmal sehen Babys am Anfang einfach ein bisschen anders aus. Weißt du noch, was die Krankenschwester gesagt hat?” Anna legte den Kopf schief, ihre großen Augen suchten in seinem Gesicht nach Bestätigung. “Aber ihr Haar ist so rot”, sagte sie leise, fast zu sich selbst. “Und unseres ist gelb.”

Advertisement
Advertisement

Sie zupfte an Floppys Ohr, die Stirn nachdenklich runzelnd. “Vielleicht ist sie von woanders.” James’ Herz tat angesichts ihrer Unschuld weh. Er zerzauste ihr sanft das Haar. “Sie ist von hier, Anna. Von Mami und mir. Und sie ist perfekt, genau wie du.”

Advertisement

Anna nickte, doch ihr Stirnrunzeln blieb, als sie das Baby anstarrte, das gewickelt und schlafend im Stubenwagen daneben lag. James konnte Annas Worte nicht abschütteln. Sie blieben bei ihm, wie ein leises Echo, das in den stillen Stunden der Nacht immer lauter wurde. Eines Abends, als er das Baby in den Schlaf wiegte, ertappte er sich dabei, wie er in ihr kleines Gesicht starrte.

Advertisement
Advertisement

Sie war wunderschön, daran gab es keinen Zweifel – ihre zarten Gesichtszüge und ihr weiches, flaumiges Haar, das vom Schein der Lampe umrahmt wurde. Aber das Haar. Es fing das Licht in feurigen Strähnen auf, ein krasser Gegensatz zu den goldenen Tönen von seinem und Susys Haar. Er streckte die Hand aus und strich mit den Fingern leicht über ihren Kopf.

Advertisement

Die Strähnen waren weich und fein, und doch brannten sie hell auf ihrer blassen Haut, lebendig und nicht zu übersehen. James ließ seine Finger sanft über ihr Haar streichen, fast so, als könnte er die Helligkeit wegwischen und etwas Vertrauteres darunter zum Vorschein bringen.

Advertisement
Advertisement

Aber es blieb dasselbe – feurig und lebendig, ein starker Kontrast zu den sanften Goldtönen, die sich durch ihre Familie zogen. James sah auf das friedliche Gesicht seiner Tochter hinunter, deren winzige Lippen sich im Schlaf spalteten.

Advertisement

Sie war so klein, so zerbrechlich. Sein Herz schmerzte vor Liebe zu ihr, aber in diese Liebe mischte sich ein Flüstern des Zweifels, das nicht verstummen wollte. Es half auch nicht, dass die Kommentare bereits begonnen hatten. Das fröhliche “Woher hat sie das?” der Nachbarin spielte in seinem Kopf wie ein Spott.

Advertisement
Advertisement

Sogar Claire hatte es gesagt – “Ungewöhnlich, nicht wahr?” Die Worte klangen nach und verdichteten sich in den stillen Stunden der Nacht zu etwas Schärferem. Und mit ihnen kam eine Frage, die James zu vermeiden versucht hatte. Konnte das möglich sein? Nein.

Advertisement

Er schüttelte den Kopf, als wollte er den Gedanken körperlich vertreiben. Susy würde niemals. Sie würde es nicht tun. Susys Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. “Schläft sie schon?”, fragte sie leise, als sie in das schwach beleuchtete Kinderzimmer trat. Ihr Gesicht war müde, aber ihr Blick war sanft, als sie das Baby betrachtete.

Advertisement
Advertisement

James nickte und nahm ihre Tochter in den Arm. “Sie ist gerade eingeschlafen”, sagte er, kaum mehr als ein Flüstern in der Stimme. Er stand auf, trug das Baby zum Stubenwagen und legte es vorsichtig hin. Susy schwebte neben ihm, ihre Hand strich leicht über seinen Arm. “Sie ist wunderschön, nicht wahr?”, murmelte sie.

Advertisement

James zögerte für den Bruchteil einer Sekunde, dann nickte er. “Ja, das ist sie”, sagte er, aber seine Stimme war nicht sehr überzeugend. Er drehte sich zu Susy um und fragte sich, ob sie bemerkte, was er tat. Aber ihr Gesichtsausdruck war gelassen, ihre Augen voller Liebe, während sie ihr Baby schlafen sah.

Advertisement
Advertisement

Später in der Nacht, als James wach im Bett lag, beschlichen ihn wieder Zweifel. Er warf einen Blick auf Susy, die fest neben ihm schlief und deren blondes Haar über das Kissen fiel. Das Bild der feuerroten Strähnen des Babys blitzte unaufgefordert in seinem Kopf auf. Er ballte die Fäuste und fühlte ein Aufflackern von Schuldgefühlen.

Advertisement

Am nächsten Tag, als Susy ein Nickerchen machte und Anna im Wohnzimmer spielte, ertappte sich James dabei, wie er alte Familienfotos auf seinem Telefon durchblätterte. Er suchte nach irgendeiner Spur von Rot in ihrer Ahnenreihe, nach einem Vorfahren oder entfernten Verwandten, der die Anomalie erklären könnte. Aber ein Foto nach dem anderen zeigte die gleichen vertrauten Blond- und Brauntöne.

Advertisement
Advertisement

“Daddy?” Annas Stimme ließ ihn aufschrecken, und er schloss schnell sein Telefon. Sie stand in der Tür und hielt Floppy an einem Ohr fest. “Siehst du dir Bilder von mir an?”, fragte sie und legte neugierig den Kopf schief. James zwang sich zu einem Lächeln und tätschelte die Couch neben sich.

Advertisement

“Ich sehe mir nur ein paar alte Familienfotos an”, sagte er. Anna kletterte neben ihm hoch und beugte sich vor, um einen Blick auf den Bildschirm zu werfen. “Habe ich wie sie ausgesehen, als ich ein Baby war?”, fragte sie. “Du sahst Mommy sehr ähnlich”, sagte James und zog ein Foto heran, auf dem Susy die neugeborene Anna im Arm hielt.

Advertisement
Advertisement

Die Ähnlichkeit war unverkennbar – dieselben goldenen Locken, derselbe warme Teint. Anna betrachtete das Foto und warf dann einen Blick auf den Stubenwagen in der Ecke des Zimmers. “Sie ist wirklich anders”, sagte Anna mit sanfter Stimme. “Glaubst du, sie wird sich ändern?”

Advertisement

James’ Brust spannte sich bei ihren Worten an. Er wollte sie beruhigen, ihre Zweifel so einfach wegwischen, wie er versucht hatte, seine eigenen wegzuwischen. Aber die Wahrheit war, dass er die Antwort nicht kannte. “Vielleicht”, sagte er schließlich. “Aber selbst wenn nicht, ist das in Ordnung. Anders kann schön sein.”

Advertisement
Advertisement

Anna nickte langsam, obwohl ihr Blick auf dem Stubenwagen verweilte. “Ich hoffe, sie mag Floppy”, sagte sie leise. “Ich möchte, dass sie mich mag.” James legte einen Arm um sie und zog sie an sich. “Sie liebt dich schon, Anna”, sagte er. “Sie kann sich glücklich schätzen, eine große Schwester wie dich zu haben.”

Advertisement

Am nächsten Nachmittag herrschte im Haus rege Betriebsamkeit, als James und Susy sich auf den Besuch der Nachbarn vorbereiteten. Susy ging methodisch durch die Küche, ordnete Kekse auf einem Teller an und goss Kaffee in die Karaffe. “Vergiss nicht, die Babydecke zu holen”, erinnerte sie James, der das Baby sanft in seinen Armen schaukelte.

Advertisement
Advertisement

Anna saß im Schneidersitz auf dem Boden neben der Couch und ordnete ihre Spielsachen sorgfältig in einem Halbkreis an. “Glaubst du, sie bringen ein Geschenk mit?”, fragte sie eifrig. “Vielleicht etwas, womit sie spielen kann.” James lächelte schwach, obwohl er mit seinen Gedanken ganz woanders war. Er strich mit der Hand über das kupferfarbene Haar des Babys, während sein Unbehagen unter der Oberfläche brodelte.

Advertisement

Es klingelte an der Tür und hallte durch das Haus. James stand im Kinderzimmer und wickelte das Baby, das einen kleinen, zufriedenen Seufzer von sich gab. “Ich gehe schon!” Annas Stimme ertönte aus dem Wohnzimmer, ihre Schritte huschten schnell über den Boden.

Advertisement
Advertisement

“Anna, warte!” Rief Susy aus der Küche, aber es war zu spät. Die Tür knarrte auf, und die fröhlichen Stimmen ihrer Nachbarn Claire und Don erfüllten den Eingang. “Da ist sie!” Rief Claire aus. “Die stolze große Schwester.”

Advertisement

Anna grinste und trat einen Schritt zurück, um die beiden hereinzulassen. Sie drückte Floppy an ihre Brust, wobei ihre Aufregung durch eine leise Unsicherheit gedämpft wurde, die James an ihr bemerkt hatte, seit sie das Baby nach Hause gebracht hatten. “Kommt herein”, sagte Susy herzlich und wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab, als sie zu ihnen trat.

Advertisement
Advertisement

Claire trug ein hübsch verpacktes Paket, das sie Anna mit einem Augenzwinkern überreichte. “Das ist für das Baby”, sagte sie. “Aber ich bin mir sicher, dass ihre große Schwester ihr helfen kann, es zu öffnen Annas Augen leuchteten, als sie das Geschenk entgegennahm. “Danke!”, sagte sie und eilte zur Couch, um es zu öffnen.

Advertisement

Don, der einen kleinen Blumenstrauß trug, wandte sich an James. “Wo ist die Kleine?”, fragte er, und seine Stimme dröhnte vor Freude. James winkte in Richtung des Wohnzimmers. “Hier”, sagte er und folgte der Gruppe, die sich um den Stubenwagen versammelte.

Advertisement
Advertisement

Claires Augen weiteten sich, als sie das Baby sah. “Oh, mein Gott, sieh dir ihr Haar an”, sagte sie, und ihre Stimme war voller Freude. “Es ist so rot. Was für eine auffällige Kleine Sie da haben.” James’ Kiefer spannte sich an, doch er zwang sich zu einem höflichen Lächeln.

Advertisement

Susy beugte sich über den Stubenwagen, hob das Baby vorsichtig hoch und hielt es fest. “Sie war ein Engel”, sagte sie mit ruhiger, aber ein wenig zu bedächtiger Stimme. “Wir sind noch dabei, uns an die Routine zu gewöhnen, aber sie hat sich gut eingelebt.”

Advertisement
Advertisement

“Rothaarige liegen in Ihrer Familie, nicht wahr?” Fragte Don beiläufig und reichte Susy den Blumenstrauß. Sie hielt nur den Bruchteil einer Sekunde inne, bevor sie antwortete. “Nicht wirklich”, sagte sie leichthin. “Aber ich nehme an, solche Dinge können aus dem Nichts auftauchen.”

Advertisement

“Das muss eine dieser Überraschungen sein”, sagte Claire lachend. “Nun, sie ist eine Schönheit. Die Leute werden sie überall bemerken, wo sie hingeht, mit diesem feurigen Haar Sie beugte sich näher vor und betrachtete das Baby mit einem neugierigen Lächeln. “Aber es ist doch ungewöhnlich, oder?”

Advertisement
Advertisement

Die Bemerkung kam unbeholfen rüber, und James spürte, wie sich sein Puls beschleunigte. “Sie ist einzigartig”, sagte er mit belegter Stimme. Er warf einen Blick auf Susy, deren Gesichtsausdruck ruhig blieb, obwohl er die Anspannung in ihren Schultern sehen konnte, als sie das Baby sanft schaukelte.

Advertisement

Anna hatte in der Zwischenzeit das Geschenk ausgepackt – eine weiche Decke mit winzigen rosa Blumen. “Ist die für sie?”, fragte sie und hielt sie hoch. Claire nickte und lächelte. “Sie wird darin eingewickelt ganz bezaubernd aussehen”, sagte sie. “Du wirst die beste große Schwester sein, nicht wahr?”

Advertisement
Advertisement

Anna zögerte und blickte zwischen dem Baby und der Decke hin und her. “Sie sieht mir nicht ähnlich”, sagte sie leise, fast wie zu sich selbst. Aber der Raum war still geworden, und alle hörten sie. Susys Hand ruhte auf dem Rücken des Babys, und James räusperte sich unbehaglich.

Advertisement

“Kinder bemerken die kleinsten Dinge”, sagte Don und kicherte unbeholfen. “Aber das ist es doch, was Familien so lustig macht, nicht wahr? All diese kleinen Unterschiede.” Claire nickte schnell und versuchte, den Moment zu überspielen. “Auf jeden Fall. Außerdem weiß man nie, wie die Babys in ihr Aussehen hineinwachsen.”

Advertisement
Advertisement

Susys Lächeln war dünn, als sie Claire das Baby reichte. “Möchtest du sie halten?”, fragte sie, um das Thema zu wechseln. Claire nahm es begierig an und wiegte das Baby in ihren Armen. “Oh, sie ist so leicht”, sagte sie sanft. “Und sieh dir dieses Gesicht an. Einfach süß.”

Advertisement

James lehnte sich zurück und beobachtete, wie sich die Szene entwickelte. Die Worte der Nachbarn wirbelten in seinem Kopf herum und verstärkten die Zweifel, die er seit der Geburt des Babys hegte. Ungewöhnlich. Überraschend. Sieht uns nicht ähnlich. Er versuchte, sie abzuschütteln, aber die Gedanken hingen an ihm wie ein Schatten.

Advertisement
Advertisement

Der Besuch zog sich in die Länge, während Claire und Don sich über alles Mögliche unterhielten, vom Wetter bis zum Gewicht des Babys bei der Geburt. Susy schaffte es, das Gespräch am Laufen zu halten, aber James konnte die Anspannung in ihrer Haltung sehen. Als sie sich schließlich verabschiedeten, erschlaffte sie fast vor Erleichterung.

Advertisement

Nachdem sie die Tür geschlossen hatten, wandte sich James an sie. “Das war… etwas”, sagte er, wobei sein Tonfall vorsichtig neutral war. Susy legte das Baby in die Wiege, ihre Bewegungen waren langsam und bedächtig. “Sie haben es nicht böse gemeint”, sagte sie leise, ohne ihm in die Augen zu sehen.

Advertisement
Advertisement

“Haben sie nicht?” Fragte James, wobei seine Stimme etwas schärfer klang, als er beabsichtigt hatte. Susy hob den Kopf und ihre Miene verhärtete sich. “Was soll das heißen?”, fragte sie mit abwehrendem Tonfall. “Sie machen nur Beobachtungen. Das machen alle, wenn es ein neues Baby gibt.”

Advertisement

James fuhr sich mit der Hand durch die Haare und atmete tief aus. “Ich sage nicht, dass sie es böse gemeint haben”, sagte er vorsichtig. “Aber du kannst nicht leugnen, dass es sich … spitz anfühlte. Als wollten sie herausfinden, warum sie nicht so aussieht wie wir.”

Advertisement
Advertisement

Susys Augen verengten sich. “Und was genau versuchst du zu sagen, James?”, fragte sie mit tiefer und fester Stimme. James zögerte, er spürte, dass er eine Grenze überschreiten wollte. “Ich will damit nur sagen, dass es … auffällig ist. Das ist alles.”

Advertisement

“Das ist alles?” Wiederholte Susy und ihre Stimme erhob sich. “Denkst du, ich habe es nicht bemerkt? Glaubst du, ich höre es nicht an ihren Stimmen, an deiner? Sie ist unsere Tochter, James. Soll ich es dir noch lauter sagen?” James hob abwehrend die Hände.

Advertisement
Advertisement

“Ich sage nur, dass es … ungewöhnlich ist, das ist alles. Ich mache dir keine Vorwürfe. Ich denke nur, wir sollten … ich weiß nicht, der Sache nachgehen.” Susys Augen füllten sich mit Tränen, und ihre Stimme brach, als sie antwortete.

Advertisement

“Wie kannst du nur so etwas denken? Nach allem, was wir durchgemacht haben, stellst du mich jetzt in Frage?” Ihre Worte klangen verletzend, und James fühlte einen Stich ins Herz. “Das tue ich nicht”, versuchte er zu sagen, aber es war zu spät.

Advertisement
Advertisement

Der Streit eskalierte, ihre Stimmen wurden lauter, bis Anna am oberen Ende der Treppe erschien und ihr ausgestopftes Kaninchen umklammerte. “Warum schreist du?”, fragte sie mit zitternder Stimme. Susys Gesichtsausdruck verfinsterte sich, und sie durchquerte schnell das Zimmer und kniete sich vor Anna hin.

Advertisement

“Wir schreien nicht, Schätzchen”, sagte sie, und ihr Ton wurde sanfter. “Wir reden nur. Es ist alles in Ordnung.” James kniete sich neben sie und legte einen Arm um Anna. “Es ist in Ordnung, Anna”, sagte er sanft. “Manchmal reden Erwachsene einfach laut. Wir wollten dich nicht erschrecken.”

Advertisement
Advertisement

“Hört auf zu streiten!”, schrie sie und Tränen liefen ihr über das Gesicht. James und Susy erstarrten, als das Gewicht ihrer Worte auf sie niederprasselte. Sie versprachen sich, dass so etwas nicht mehr vorkommen würde. Um die Spannung abzubauen, willigte Susy widerwillig in einen DNA-Test ein.

Advertisement

“Nicht, weil ich etwas beweisen muss”, sagte sie kalt, “sondern weil das Anna wehtut, und das werde ich nicht zulassen.” James nickte, beschämt über die Situation, aber verzweifelt nach Antworten suchend. Das Warten auf die Ergebnisse war quälend.

Advertisement
Advertisement

Jeder Blick, der zwischen James und Susy ausgetauscht wurde, war schwer von unausgesprochenen Worten. Anna schien die Anspannung zu spüren und klammerte sich mehr als sonst an ihren Vater. “Ist sie wirklich meine Schwester?”, fragte sie eines Tages mit zitternder Stimme. James umarmte sie fest. “Natürlich ist sie das.”

Advertisement

Als die Ergebnisse endlich eintrafen, öffnete James den Umschlag mit zitternden Händen. Das Papier darin bestätigte, was er schon die ganze Zeit hätte wissen müssen: Das Baby war seins. Der Unterschied in der Haarfarbe war einfach auf ein rezessives Gen zurückzuführen, etwas, womit weder er noch Susy gerechnet hatten.

Advertisement
Advertisement

Erleichterung durchflutete ihn, gefolgt von einer Welle des Bedauerns. Er schaute Susy an, die schweigend dasaß und deren Gesichtsausdruck nicht zu lesen war. “Es tut mir leid”, sagte er leise. “Ich hätte dir vertrauen sollen.” Susys Augen füllten sich mit Tränen, aber sie nickte. “Wir haben beide Fehler gemacht”, gab sie zu. “Lass uns nach vorne blicken.”

Advertisement

An diesem Abend saß James bei Anna und erklärte es ihr so behutsam wie möglich. “Manchmal sehen Menschen in derselben Familie ein wenig anders aus”, sagte er und streichelte ihr Haar. “Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht miteinander verbunden sind. Deine Schwester ist etwas Besonderes, genau wie du.”

Advertisement
Advertisement

Anna schien zu verstehen, ihr Gesicht leuchtete auf, als sie ihre kleine Schwester ansah. “Sie ist anders, aber sie ist immer noch meine Schwester”, sagte sie selbstbewusst. James lächelte und spürte, wie ihm eine Last von den Schultern fiel. “Genau”, sagte er. “Und wir können uns glücklich schätzen, sie zu haben.”

Advertisement

Langsam kehrte das Leben zur Normalität zurück. Die Zweifel und Streitereien verblassten und wurden durch die Wärme ihrer wachsenden Familie ersetzt. James ertappte sich oft dabei, wie er das feurige Haar des Babys bewunderte und es nicht als Quelle der Verwirrung, sondern als schöne Erinnerung an die Unvorhersehbarkeit des Lebens betrachtete.

Advertisement
Advertisement

Im Laufe der Jahre wurde die Geschichte mit den Haaren des Babys zu einem Familienwitz, über den man beim Abendessen lachte. Aber für James war es auch eine Lektion in Sachen Vertrauen und Liebe – eine Erinnerung daran, dass Familien nicht durch Äußerlichkeiten definiert werden, sondern durch die Bindungen, die sie jeden Tag aufs Neue pflegen.

Advertisement